Das Geheimnis vieler Pflanzen!
Wie färbe ich mit Materialien aus der Natur einzigartige Farbtöne?
In den letzten Jahren ist das Thema 'Mit Pflanzen natürlich färben' wieder ein Trend. Das überrascht Dorothea Flaskamp nicht. Selbst nach über 40 Jahren, in denen sie mit Pflanzen färbt, spricht sie begeistert über ihren nächsten Färbeworkshop, den sie wieder in ihrem großen Naturgarten in Linnich anbietet.
In ihren Workshops zum Thema ‚Mit Pflanzen natürlich färben‘ erklärt sie, welche Blätter, Blüten, Wurzeln und Rinden Naturfasern wie Wolle und Seide zu besonderen Farbtönen färben. ‚Learning by doing‘ ist ihre Devise. So erfahren die TeilnehmerInnen wie wichtig die Vorbereitung des Färbematerials ist - das Beizen der Fasern, das Mengenverhältnis von Färbematerial zum Färbergut, die passende Temperatur des Färbersuds und dass die Luft erst bei Indigo den blauen Farbstoff entwickelt. Das sind nur einige der Tipps und Tricks, die Dorothea gerne weitervermittelt.
Mit Pflanzen natürlich färben: die Brennnessel
Welcher Farbton entsteht beim Färben mit der Brennnessel? Bei dieser Frage lacht Dorothea:
‚Ja, wenn das so einfach zu beantworten wäre. Die gepflückten Brennnesselblätter können frisch zu einem Sud gekocht werden – oder auch getrocknet genutzt werden. Werden sie im Frühjahr oder im Herbst gepflückt? Ist die Erde nährstoffreich oder hat es viel geregnet? Das sind alles Faktoren, die den gelb-grünen Farbton beeinflussen. Aber es ist immer ein wunderbarer Naturton. So können schon mal 20 verschiedene Brennnesseltöne entstehen.‘
Zu Beginn ihrer Arbeit mit den Naturfarben hat Dorothea noch vieles dokumentiert und recherchiert. Aber das benötigt sie schon lange nicht mehr. Durch ihre Expertise genießt sie einfach den Prozess des Färbens und teilt ihr Wissen und Begeisterung gerne mit Anderen.
Wie färbe ich einen Blauton mit Naturfarben?
Bevor der synthetisch hergestellte Indigo als blauer Farbstoff genutzt wird, ist der Färberwaid die Pflanze, die in Europa den Stoffen einen blauen Farbton gibt. Nicht die leuchtend gelben Blüten des Färberwaid sondern die Blätter werden für das Färben genutzt. Ganze Regionen in Frankreich, England und in Deutschland haben vom Anbau und der Verarbeitung des Färbwaids profitiert. Der einzigartige Blauton färbt nicht nur Textilien, sondern wird auch für Holzfarben und Gipsfarben verwendet – was der ganzen Region ihren einzigartigen farbigen Look verleiht. In Thüringen gibt es heute wieder Anbauflächen für diese Färbepflanze auch zur Nutzung als natürliches Holzschutzmittel. Noch ein Geheimnis dieser Pflanze.
Nicht nur der Waid hat als Färberpflanze seine Bedeutung verloren. Dorothea kennt viele Details und Informationen über besondere botanische Färbematerialien.
"Auch andere Pflanzen, die noch vor 100 Jahren in Nutzgärten, im Wald und an den Grünstreifen der Felder wuchsen, sind im Zuge des konventionellen landwirtschaftlichen Anbaus und der synthetischen Pigmentherstellung verschwunden. Einige Kräuter, Wurzeln und Pflanzenteile dürfen heute aus Naturschutzgründe nicht mehr gesammelt werden. Im eignen Garten können z.B. Färberwau (Reseda luteola) und Krapp (Rubia tinctorium) angebaut werden. Möhrengrün, Walnussblätter, Zweibelschalen und Rhabarberwurzeln können auch für Färbungen genutzt werden."
Fast Fashion vs. Slow Fashion
Bekleidungshersteller mit einem Slow Fashion Ansatz, die ihre Textilien mit Naturfarben färben, beziehen wie Dorothea einen Teil ihrer natürlichen Farbstoffe aus Indien. Sie importiert natürliches Indigo und Krapp aus Indien, von den Kanarischen Inseln die Koschenillelaus und viele Farbstoffe aus Europa. Leider sind die Naturfarben teurer als die synthetischen Farbstoffe und stehen auch nicht in ausreichender Menge für die globale Fast Fashion Textilproduktion zur Verfügung. Die chemisch hergestellten Farbstoffe mit toxischen Inhalten und metallischen Zusatzstoffen erzeugen bei den ArbeiterInnen vor Ort Gesundheitsprobleme. Ermöglicht wird das durch die geringeren Umweltstandards in den Entwicklungsländern. Auch den EndkonsumentInnen machen diese gefärbten Textilien nur bedingt Freude. Dorothea kennt diese Facetten der Textilindustrie. Sie arbeitet nach ihrem Studium als Textilingenieurin in deutschen Instituten und testet viele industriell gefärbte Textilien.
Im Trend! Naturfarben für Textilien
In den 1980er Jahren etablieren sich die ersten Bioläden und das Bewusstsein für ökologische Textilien entsteht. Auch Dorothea begeistert sich für diesen neuen Trend. Sie macht ihre ersten Färbeversuchen mit Naturfarben und Materialien und ist begeistert. Danach experimentiert sie zielstrebig weiter und dokumentiert ihre Arbeit. Sie vermittelt ihr neu gewonnenes Wissen in verschiedenen Kursen und baut ihre kleine Manufaktur mit hochwertigen Filzprodukten auf.
Den heutigen Ansatz ‚Weg vom Fast Fashion Kauf‘ hat Dorothea schon vor langer Zeit entdeckt. Ihre erste selbst gefärbte und genähte Lieblingsjacke hat sie natürlich aufgehoben.
„Mit meinen Händen Wolle einzufärben, daraus einen Stoff zu weben und zu einer Jacke oder anderen Kleidungsstücken zu verarbeiten, das hat schon einen besonderen Reiz und begeistert mich noch immer!“
Welche Wünsche hast du für die nächsten Jahre?
„Meine KundInnen bei der Wahl der Färbemittel und anderen Produkte zu beraten, meine beliebten Workshops zu organisieren und durchzuführen, einfach meine Begeisterung für die Färberschätze der Natur zu vermitteln und weiter mit den eigenen Händen Materialien zu verarbeiten – das möchte ich noch mit vielen Menschen teilen. Ich habe gerade zwei neue Webstühle gekauft und bin dabei sie auszuprobieren. Es ist auch ein halb mechanisch- elektronischer dabei. Jetzt muss ich nicht mehr auf dem Boden gebückt die Schäfte anbinden. Diese Erleichterung habe ich mir jetzt gegönnt.“
Mit ihrer Indigo Färberezeptur Wolle in schöne Blautöne zu färben und auf ihrem Webstuhl zu verweben, das begeistert Dorothea immer noch. Es entsteht wieder ein nachhaltiges Lieblingsstück wie dieser Schal, der an einem kalten Wintertag schützt und warmhält.
Ihr Ansatz ‚in und mit‘ der Natur zu arbeiten zeigt sich in vielfältiger Weise. In ihrem Garten als grüne Oase mit Gewächshaus, dem Obst – und Gemüsegarten, dem Hühnerhaus und in der Färberecke gibt es eine Vielzahl von Naturtönen zu entdecken.
Name: Dorothea Flaskamp
Sie ist:
Textil-Ingenieurin, Naturfarben Expertin und bietet Färbe-Workshops an
Ihr Studio ist in:
Linnich, in der Nähe von Aachen, Köln und Düsseldorf
Sie mag:
das Arbeiten in Ihrem Gemüse- und Staudengarten, Städtetrips in Deutschland, Ausstellungen der klassischen Moderne , den Rundgang in der Kunstakademie in Düsseldorf, wenn die Studierenden einmal im Jahr ausstellen und fotografieren
Sie bewundert:
alle ÄrztInnen, die bei ‚Ärzte ohne Grenzen‘ und in Krisengebieten arbeiten
Ihr WIASOLA Tipp:
"Sei neugierig! Suche und nimm immer wieder neue Herausforderungen an."
Ihre Lieblingsmuseen und Architektur:
Museen Langen Fondation auf der Raketenstation Hombroich in Neuss, gebaut von Tadao Ando
Museum FONDATION BEYELER CH-4125 Riehen/Basel, gebaut von Renzo Piano
Das kleine Spezialmuseum ‚Deutsches Glasmalerei-Museum‘ in Linnich
Zu finden unter:
Zu den Färbeworkshops: