Materialien schneiden, verkleben, nähen & viel Fingergefühl
Kennst du das Handwerk und die Berufsbezeichnung dazu?
Das ist der Beruf der ‚Feintäschnerin‘? Den Namen hast du noch nie gehört? Aber du experimentierst gerne mit verschiedenen Materialien? Du hast schon kreative Unikate hergestellt? Dann ist der Beruf der ‚Feintäschnerin‘ vielleicht deine Berufung. Im Namen erkennst du ein Produkt, das die Täschnerin herstellt. Ja, Taschen in allen Variationen. Aber nicht nur aus Leder, sondern auch veganer Lederersatz, Textilien und Kunststoffe sind Materialien, die zu Taschen, Rucksäcken und Koffern verarbeitet werden. Geldbörsen, Etuis und spezielle Taschen für Fotoapparate sind weitere spannende Produkte
Wie sieht die Ausbildung zur Feintäschnerin aus?
Du machst eine 3-jährige Ausbildung in einem Betrieb oder in einer Werkstatt mit einer Täschnermeisterin. Da es nur wenige Betriebe gibt, solltest du frühzeitig mit der Suche nach einem Ausbildungsplatz anfangen und auch über deinen Wohnort hinaus suchen. Start der Ausbildung ist immer im August.
TIPP: Suche dir vorab einen Praktikumsplatz. Dann kannst du den Beruf besser kennen lernen und vielleicht später in dem Betrieb oder der Werkstatt deine Ausbildung machen.
Warum gibt es so wenige Ausbildungsplätze?
Die Gründe hierfür sind sehr simpel. In den 1990er Jahren haben viele Betriebe ihre Produktion aus Kostengründen ins Ausland verlegt oder mussten schließen. Die wenigen Werkstätten sind räumlich sehr begrenzt. Du benötigst aber einen eigenen Werktisch und Werkzeug. Außerdem steht dir ein Ausbildungsgehalt zu, das zwischen 500 bis 800 Euro liegt. Der Ausbildungsbetrieb trägt auch die Kosten für deine Materialien. Also aus Platz- und Kosten-Gründen bilden die meisten Täschnerinnen nicht aus. Zudem hat die Inhaberin oft gar nicht die Zeit, um dich nach den 'Basics' des Handwerks später die zeitintensiven Arbeitsschritte einzuarbeiten. In dieser Zeit kann sie ihre eigenen Arbeiten nicht fertigen und macht weniger Gewinn.
TIPP: Informiere dich beim Jobcenter und der Handwerkskammer welche finanzielle Unterstützung du und der Betrieb für die Ausbildung in Anspruch nehmen könnt.
Was machst du in deinen 3 Ausbildungsjahren?
Allgemeine Infos
Deine Ausbildung findet in einem dualen System statt. In deinem Ausbildungsbetrieb lernst du alle handwerklichen Fähigkeiten, die Produktionsschritte und Abläufe der Herstellung kennen.
Mit den Lernmodulen in der Berufsschule, die du wöchentlich oder im Blogunterricht besuchst, vertiefst du die theoretischen Bereiche. Mit Fächern wie Technisches Zeichnen, Materialkunde, Fachkunde, digitale Schnittprogramme lernst du die vielfältigen Bausteine deines Berufs kennen. Also ein sehr abwechslungsreiches Programm.
‚Hands on‘ Aspekt - Im ersten Ausbildungsjahr
Du startest direkt mit den ersten Arbeitsschritte. Wie das Material ausgemessen wird, vorgerichtet, angefeuchtet, mit Klebeleim bestrichen und vernäht wird. Das gelingt dir immer besser je öfter du das ausprobierst. Du nutzt auch verschiedene Maschinen, um zum Beispiel Lederteile auszustanzen. Die Nähmaschine ist ein wichtiges Werkezeug. Aber auch eine handgenähte Naht kann ein notwendiges und dekoratives Element sein.
Bei allen Produkten gibt es die äußere Hülle, aber es gibt auch ein ‚Innenleben‘. Die Waren werden mit einem Innenfutter, Bügeln oder Reißverschlüssen ausgestattet. Worauf es beim Futterkleben und -schneiden ankommt und wie Kanten sorgsam vorbereitet werden, sind wichtige Schritte zum perfekten Endprodukt.
Mit deinen Basics kannst du bald schon einige Artikel herstellen. Am Anfang sind die Arbeiten noch nicht so komplex, aber am Ende der Ausbildung bist du in der Lage auch komplizierte Produkte herzustellen. Deine AusbilderInnen zeigen dir viele Tricks und Tipps, wie du auch schwierige Materialien perfekt verarbeitet kannst.
Entwurf & Design Aspekt
Du lernst auch geeignete Materialien auszuwählen. Fashion und Design Trends spielen dabei eine wichtige Rolle. Damit du deine eigenen Ideen umsetzen kannst, gehört die Entwicklung eines Designs, das Erstellen eines Schnittmusters und die Übertragung auf das Material zu deinen Lerninhalten. Mit den Bausteinen deiner Ausbildung kannst du später deine Designs oder einen Entwurf mit einem besonderen Material zu einem perfekten Handwerkstück umsetzen.
Ausbildungsablauf
Innerhalb deiner 3jährigen Ausbildungszeit gibt es verschiedene Tests. Wenn du sie erfolgreich bestehst, bist du bereit für die nächste Schritte. Die Zwischenprüfung gibt dir eine Orientierung zu deinem Lernstand. Einige Monate vor deinem Ausbildungsende fängst du mit deiner finalen Aufgabe an: dein selbst entworfenes und hergestelltes Gesellinnenstück. Das Prüfungsteam der Handwerkskammer begutachtet alle Arbeiten. Danach erhältst du deinen Gesellinnenbrief.
Hinweis & Orientierung:
Der Beruf der ‚Feintäschnerin‘ ist eine Fachrichtung in der Berufsausbildung ‚Sattlerin‘.
Es gibt noch 2 weitere Fachrichtungen, die viele Gemeinsamkeiten im Arbeitsablauf mit dem Beruf ‚Feintäschnerin‘ haben.
In der Fachrichtung ‚Fahrzeugsattlerei‘ lernst du Polsterungen, Sitzbezüge und Verdecke für Fahrzeuge herzustellen.
Wählst du den Schwerpunkt ‚Reitsportsattlerei‘ kannst du nach der Ausbildung einen Sattel und auch andere Sportprodukte herstellen.
Handwerk ist gefragt!
Nicht nur in der Herstellung neuer Produkte sondern auch bei dem wichtigen Ansatz ‘Reparieren statt Wegwerfen‘. Eine handgearbeitete Tasche, Rucksack oder ein Sattel kann repariert oder abgenutzte Teile können ersetzt werden. Das ist bei maschinell produziert ‚Billigware‘ mit schlechten Materialien fast nie möglich. Daher auch die Bezeichnung als ‚Wegwerf‘ Artikel. Handgearbeitete Produkte sind langlebig! Deine Arbeit als Handwerkerin ist wieder gefragt und hat einen Wert.
Alternative Berufe zur ‚Feintäschnerin'
Mit ähnlichen Materialein und Arbeitsprozess arbeitet auch die SchuhmacherIn und die OrthopädieschuhmacherIn. Exklusive Maßanfertigung ist nicht nur für einen Alltagsschuh wieder gefragt, sondern oft eine Notwendigkeit bei krankheitsbedingten Veränderungen der Füße oder Beine.
Weitere Berufe, die Ledermaterialien verarbeiten, sind die KürschnerIn und PelzveredlerIn. Nicht nur in der ‚Haute Couture & High End Fashion‘ finden sie ihren Arbeitsplatz. Die Herstellung zum Beispiel einer Trachtenhose oder Jacke aus Leder hat in vielen Regionen Tradition.
Was für Möglichkeiten hast du nach deinem Abschluss?
Du kannst jetzt als Gesellin bei deinem Ausbildungsbetrieb arbeiten oder dich bei einer anderen Firma oder Werkstatt bewerben. Mit zunehmender Routine und Festigung deiner Fertigkeiten wird sich auch dein Arbeitsfeld ändern. Es gibt wie in allen Handwerksberufen die Weiterbildung zur Meisterin (Bachelor Professional). Du vertiefst deine Fähigkeiten und dein Fachwissen und lernst die Basics der Betriebsführung. Der Abschluss erlaubt dir auch später selbst auszubilden.
Die Weiterbildung zur Meisterin wird von einigen Handwerkskammern und Berufsfachschulen in einem Teilzeit- oder Vollzeit-Format angeboten.
Beachte hierbei: Diese Weiterbildung musst du selbst finanzieren.
Wusstest du …? Dass du mit dem MeisterInnenbrief in der Tasche außerdem studieren kannst – auch ohne Abitur.
TIPP: Erkundige dich bei Jobcenter oder Handwerkskammer, welche Zuschüsse oder Unterstützung dir bei deiner Weiterbildung zustehen.
Und: Designausbildung / Studium?!
Die Weiterbildung als 'Gestalterin im Handwerk' gibt dir die Möglichkeit deine Designfähigkeiten an einigen Akademien der Handwerkskammern oder speziellen Studiengängen der Berufsfachschulen zu vertiefen. Du findest diese Form des Studiums an speziellen Handwerksakademien, die das Designstudium als Zusatz zu ihren Meisterinnen-Kursen anbieten.
Wenn du noch mehr in den Designprozes einsteigen möchtest oder deiner Arbeit eine künstlerische Ausrichtung geben möchtest, dann bieten dir einige Kunsthochschulen und Design-Universitäten diese Option. Sowohl in Deutschland als auch in anderen Europäischen Ländern findest du passende Universitäten.
Beruf: Feintäschnerin
Der Beruf der ‚Feintäschnerin‘ ist eine Fachrichtung in der Berufsausbildung ‚Sattlerin‘.
Wo:
in einer Täschnerwerkstatt, Sattlerei oder einem größeren Betrieb, der passende Produkte herstellt und noch Ausbildungsplätze anbietet
Ausbildungzeit:
3 Jahre in einem dualen System d.h. es ist eine Kombination von Berufsschule und betrieblicher Ausbildung
Fähigkeiten:
du brauchst handwerkliches Geschick, gute Feinmotorik, Konzentration und Gestaltungsideen
Ihr WIASOLA Tipp:
mache ein Praktikum bei einer Täschnerin oder in einem ähnlichen Handwerksberuf -siehe Info: Alternative Berufe. Dann merkst du ob der Beruf und das Handwerk deinen Vorstellungen entspricht. Vielleicht ergibt sich auch aus deinem Praktikum die Möglichkeit dort deine Ausbildung anzufangen.
Museumstip:
Lass dich durch den Besuch dieses tollen Museums in Offenbach inspirieren. Hier kannst du viele Sachen über die Nutzung und Verarbeitung von Leder erfahren und sehen. Taschen, Schuhe, Handschuhe, Japanische Samurai Rüstungen aus Leder - und vieles mehr gibt es zu entdecken.
Vom 4.-6. Februar 2023 findet auch wieder die internationale Fachmesse für innovative und hochwertige Lederwaren, Taschen und Reisegepäck in Offenbach statt.