Der Traum von einer Ladenwerkstatt

Wie glücklich können 40 m² Präsentations- und Arbeitsfläche eine Keramikerin machen?

Bei diesem Thema bekommt das Gesicht von Ines Lang einer Keramikerin in Köln einen schon fast seligen Ausdruck.

„Ich habe immer von einer eige­nen Laden­werk­statt geträumt - seit meinem Abschluss als Gesel­lin. Im August 2020 war es end­lich so weit, Bei der Reno­vie­rung der Räum­lich­kei­ten habe ich meine Hände mal anders genutzt: zum Wände ver­put­zen, strei­chen, Lin­ole­um ver­le­gen und um meine auf­re­gen­de Tapete auf die Wand zu kleben. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Tape­ten­bü­cher ich gewälzt habe, bis ich das inspi­rie­ren­de Muster mit dem per­fek­ten Blau- und Creme-Ton meiner eige­nen Glasur und Por­zel­lan­far­be gefun­den habe.“

Das ist sicher­lich auch ein Talent von Ines: Aus­dau­er und Beharr­lich­keit und zu wissen, was lange währt, wird auch letzt­end­lich gut!

Handarbeit – was bedeutet das für eine Keramikerin?

"Es ist ein­fach schön etwas mit den eige­nen Händen zu machen und zu beob­ach­ten, wie ich aus einem Klum­pen Ton etwas ent­ste­hen lassen kann – zum Bei­spiel eine Schale. Beim kom­plet­ten Arbeits­pro­zess nutze ich immer wieder meine Hände  - und sehr wenige Werk­zeu­ge. Wenn ich am Ende der Woche die fer­ti­ge Schale wieder in meine Hände nehme und in mein Schau­fens­ter zum Ver­kauf lege, dann ist das sehr erfül­lend für mich."

Faszination von Erde und Feuer.

Schon mit 17 Jahren weiß Ines, dass sie etwas mit ihren Händen machen möchte. Sie ver­lässt die Schule und ihr schwä­bi­sches Hei­mat­dorf und beginnt in Tübin­gen ihre Aus­bil­dung zur Kera­mi­ke­rin.

"Als Kind habe ich immer gerne mit meinen Händen ‚gef­ri­ckelt‘ und ‚gezün­delt‘ - etwas aus toniger Erde zu formen, ins Feuer zu legen und zu sehen, wie etwas ande­res ent­steht – das fand ich schon immer fas­zi­nie­rend. Bei den Töp­fer­kur­sen im Jugend­haus habe ich dann mit echtem Ton model­liert."

Der Sprung von der Schul­bank zu einem kör­per­lich anstren­gen­den 8 Stun­den Arbeits­tag geht an ihre Gren­zen. Das Erfolgs­er­leb­nis beim Drehen von den Gefä­ßen fällt in den ersten Mona­ten aus. Was so ein­fach beim Besuch einer Kera­mik­werk­statt in Däne­mark aussah, führt beim Sitzen an der Dreh­schei­be zu ungleich­mä­ßi­gen und schie­fen Kera­mi­ken.

"Zu Beginn meiner Aus­bil­dung habe ich meine Übungs­stü­cke am Ende des Tages in die Abfall­ton­ne schmei­ßen müssen. Meine Meis­te­rin Heike Bühner-Erd­mann hat uns erklärt, wie Fehler ent­ste­hen und uns moti­viert wei­ter­zu­ma­chen. Sie hat sich oft neben mich gestellt und meine Hände geführt, sodass ich ein Gefühl für die Bewe­gung beim Drehen bekam."

Ein Vor­teil für Ines ist, dass sie schon einen geüb­ten Blick für Pro­por­tio­nen und die Gleich­mä­ßig­keit der Formen hat. In ihrer Kind­heit nimmt sie ihre Mutter, die Male­rin ist, oft zu Museen und Gale­rien mit und schult so ihre Sinne und Wahr­neh­mung.

Technikwissen und Handwerk.

Nach der Aus­bil­dung  kann sie ihre Meis­te­rin leider nicht ein­stel­len. Das gerin­ge Gesel­lin­nen­ge­halt belas­tet ihre kleine Werk­statt zu sehr. 6 Monate jobbt Ines in einer Wäsche­rei und wird sich klar, dass sie sich in ihrem Beruf wei­ter­bil­den will um ihre eige­nen Ideen besser umzu­set­zen. Sie bewirbt sich in Höhr-Grenz­hau­sen an der Kera­mik­fach­schu­le für die 3-jäh­ri­ge Fort­bil­dung zur Kera­mik­ge­stal­te­rin. In den theo­re­ti­schen Fächern lernt sie viel über die Beschaf­fen­heit der Mate­ria­li­en und was mit unter­schied­li­chen Brenn­tech­ni­ken zu errei­chen ist. Fächer wie Fach­zeich­nen, Kunst­ge­schich­te,  ästhe­ti­sche Wahr­neh­mung und Design sind wei­te­re Bau­stei­ne zur Umset­zung ihrer gestal­te­ri­schen Ent­wür­fe und zur Per­fek­tio­nie­rung ihrer Tech­nik.

"Wenn ich mor­gens aus meinem Becher Kaffe trinke und sehe, wie das Licht durch das trans­lu­zen­te Por­zel­lan fällt. Das macht mich inner­lich sehr zufrie­den."

Die Gefäß­wand so fein zu drehen und zu ziehen, dass sie beim Bren­nen nicht zer­bricht oder sich ver­zieht, das ver­langt eine abso­lu­te Per­fek­tio­nie­rung der Tech­nik.  Es ist ein Beruf  bei dem die langen Arbeits­jah­re einen abso­lu­ten Mehr­wert brin­gen.

"Ich weiß, dass ich durch mein Alter und meine Erfah­rung rich­tig gut bin. Ich habe die Formen meiner Kera­mi­ken schon so oft gefühlt, dass mein Körper diese Erfah­rung abge­spei­chert hat. Das Drehen einer Serie läuft spä­tes­tens ab dem 5.Stück völlig auto­ma­ti­siert ab. Ich komme in einen FLOW, der mich wirk­lich glück­lich macht."

 Leichtes Porzellan – schwerer Start.

"Es ist ein­fach schön etwas mit den eige­nen Händen zu machen und zu beob­ach­ten, wie ich aus einem Klum­pen Ton etwas ent­ste­hen lassen kann – zum Bei­spiel eine Schale. Beim kom­plet­ten Arbeits­pro­zess nutze ich immer wieder meine Hände  - und sehr wenige Werk­zeu­ge. Wenn ich am Ende der Woche die fer­ti­ge Schale wieder in meine Hände nehme und in mein Schau­fens­ter zum Ver­kauf lege, dann ist das sehr erfül­lend für mich."

Das ist nicht immer so gewe­sen. Nach ihrer sechs­jäh­ri­gen Berufs­aus­bil­dung zieht sie nach Köln. Damit sie als selbst­stän­di­ge Kera­mi­ke­rin ihre eige­nen Arbei­ten vor­fi­nan­zie­ren kann, jobbt sie als Kell­ne­rin. Oft ist sie zu müde um an ihrer Dreh­schei­be in der Gemein­schafts­werk­statt zu arbei­ten. Das ist nicht der Arbeits­all­tag, den sie sich erträumt hat. Mit der Geburt ihres Sohnes bekommt sie einen Moti­va­ti­ons­schub und einen pas­sen­den struk­tu­rier­ten Tages­plan. Ines mietet ihren eige­nen Werk­raum im Köln-Deut­zer Kunst­werk. Sie stellt ihren Ofen und Werk­bän­ke auf und erar­bei­tet ihre Por­zel­lan-Serien, die sie auf den Märk­ten und Messen wäh­rend des Jahres ver­kauft.

"In dem alten Fabrik­ge­bäu­de mit meinem 20m² großen Werk­raum habe ich ein fast ere­mi­ti­sches Dasein geführt. Kon­takt mit meinen Kun­den­In­nen hatte ich nur auf den Aus­stel­lun­gen. Dann kam der Corona Lock­down dazu. Das ging an meine Gren­zen. Anfang 2020 habe ich  dann von einem Bekann­ten erfah­ren, dass dieser Werk­statt-Laden frei wird."

Ines hat Glück: die Miete passt in ihr Budget und die Reno­vie­rung über­nimmt sie selbst. Sie merkt seit der Eröff­nung, dass sie durch die Lage des Ladens in der Kölner Süd­stadt auch ‚zufäl­li­ge‘ Kun­dIn­nen erreicht. Die teuren Mieten der Mes­se­stän­de spart sie so ein. Auch das auf­wen­di­ge Ein- und Aus­pa­cken ihres zer­brech­li­chen Por­zel­lans fällt weg. Ihre Arbeits­si­tua­ti­on nimmt sie jetzt als viel ent­spann­ter wahr.

Gibt es jetzt einen neuen Traum?

"Ich möchte wieder an freien Objek­ten arbei­ten und mir die Zeit geben etwas Neues aus­zu­pro­bie­ren. Beim Durch­blät­tern meiner Skiz­zen­bü­cher und meiner Foto­samm­lung merke ich, dass ich noch viele Ideen habe. In den letz­ten Mona­ten habe ich bei Muse­ums­be­su­chen und den Spa­zier­gän­gen in der Natur wieder inspi­rie­ren­de Details gese­hen: Frosch­laich in einem Teich, Formen von Häu­ser­fas­sa­den, Blü­ten­stän­de oder ein altes Stoff­mus­ter auf einem Gemäl­de. Ein krea­ti­ver Work­shop mit mir und meinen Ideen ist jetzt der nächs­te Schritt."

Und da ist noch der Traum von einer Reise nach Japan. Der Per­fek­tio­nis­mus und die Hin­ga­be der japa­ni­schen Meis­ter zu ihren kera­mi­schen Arbei­ten fas­zi­nie­ren Ines schon lange. Als Fan von japa­ni­schen Spiel­fil­men hat sie eine Vor­stel­lung von der Gesell­schaft und der Kultur. Aber alles Haut­nah zu sehen und zu erle­ben, eine Wan­de­rung in den Bergen zu machen, ein bud­dhis­ti­sches Klos­ter zu besu­chen  und ihr japa­ni­sches Lieb­lings­ge­richt zu löf­feln: Nudel­sup­pe in allen Varia­tio­nen. Das führt wieder zu einem glück­li­chen Lächeln bei Ines.

 

Name: Ines Lang


Sie ist:

Kera­mi­ke­rin


Sie mag:

mor­gens einen Cap­puc­ci­no,  Roller fahren - dieses Jahr im Sep­tem­ber auf Elba, die 'Kul­tu­ren der Welt' im Rau­ten­strauch-Joest-Museum anschau­en


Sie bewun­dert:

Louise Bour­geois (Künst­le­rin) und Martha Cooper (Foto­jour­na­lis­tin) und Frauen, die sich in typi­schen Männer Domä­nen behaup­ten:

wie z. Bsp. Renn­fah­re­rin­nen + Feu­er­wehr­frau­en


Ihr WIASOLA Tipp:

"Ver­traue dir selbst, geh auch mal ein Risiko ein und erfül­le nicht die Erwar­tun­gen ande­rer."


Ihre 5 Lieb­lings­songs:

  • Oscar Peter­son 'Geor­gia on my mind' 
  • Cele­s­te 'Hear my voice'  
  • Paolo Conte: 'Via con me' 
  • Dave Bru­beck 'Take five'
  • Skunk Anan­sie 'Hedo­nism'

Zu finden unter:

Ines Lieb­lings­ob­jekt:

Wenn du einen Ein­blick in den Arbeits­pro­zess von Ines bekom­men  möch­test:

 

 

Museum:

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