Holz mit allen Sinnen erfahren!
Warum entscheidet sich eine Tischlerin luftgetrocknetes Holz zu besonderen Möbeln zu verarbeiten?
Bei dieser Frage bekommt Jasmin Knedeisen leuchtende Augen. Mit ihrem Konzept als Tischlerin lokales Holz für ihre durchdachten Designs zu verarbeiten hat sie eine gefragte Nische in ihrem Handwerk aufgetan. Mit ihrer Motivation kein ‚Greenwashing‘ zu betreiben nutzt sie luftgetrocknetes Holz aus der Märkischen Schweiz östlich von Berlin und mischt ihr Holzfirnes aus einem Spreewalder Bioleinöl. So erhalten ihre besonderen Möbel einen natürlichen Schutz. Im denkmalgeschützten ehemaligen Motorenwerk mit Ateliers für Kreative und Handwerker im Berlin Weißensee fertigt sie ihre Möbel an.
Jasmin und ihre 'Holz Connection'
Bei einem luftgetrockneten Holz, das über viele Jahre in Ruhe trocknen kann, bleibt die Geschichte des Holzstammes erhalten. Die eigene DNA, die jedes Holz mitbringt, spürt Jasmin mit ihren Möbelentwürfen nach. Auch die kleinen Eigenarten dieses wunderbaren Naturmaterials finden in ihren Entwürfen einen Platz. Die leicht gewellten Kantenseiten ihres Couchtisches zeigen die Baumseite der Holzbohlen. Die kleinen Wurmlöcher erzählen von einem gesunden Ökosystem, in dem die Esche gewachsen ist. Der Geruch des Holzes und die Haptik ist viel intensiver als bei kammergetrocknetem Holz. Nach der ersten Verarbeitung dieser luftgetrockneten Esche ist es um Jasmin geschehen.
Holzliebe auf den ersten Blick!
Für ihr Gesellinnenstück sucht Jasmin das passende Holz und findet ‚ihr‘ luftgetrocknetes Mecklenburger Eschenholz. Dieser Stamm passt für sie perfekt zu ihrer Entwurfsidee. Ihr funktionales Möbel mit einer schlichten und eleganten Formensprache sichert ihr den 1. Preis im Gestaltungswettbewerb ‚Gute Form‘ in Berlin. Den feinen Geruch nach Holz und Öl wahrnehmen, mit der Hand über die Tischplatte des Schreibtisches streichen und mit den Augen der speziellen Maserung der Esche nachgehen - ein Fest für die Sinne und eine Hommage an das Wunderwerk ‚Natur‘.
Wie wird die Wertschätzung der Natur zum Motivator – auch für die Arbeit?
Jasmins Beziehung zur Natur ist über die Jahre gewachsen. Nicht nur über ihre sportlichen Aktivitäten wie das Sportklettern oder Wandern, sondern auch über ihre Arbeitserfahrungen als Mitarbeiterin in einer Climbing Lodge in Spanien inklusive Gartenarbeit. Mit einem Naturprodukt zu arbeiten ist auch ein Motivationsgrund die Ausbildung zur Tischlerin zu starten. Danach erfüllt sie sich ihren Wunsch für 3 Monate in Island, dem Land mit besonderen Naturphänomenen und einer einzigartigen Landschaft, zu leben und zu arbeiten. In anderen Ländern zu leben hat sie immer schon gereizt.
Architektin und Tischlerin – was ist meine Berufung?
Eine wichtige Frage für Jasmin. Sie wächst in Berlin auf und für sie ist klar, dass sie nach dem Abitur unbedingt studieren will. Eine Handwerkslehre kommt zu diesem Zeitpunkt nicht für sie in Frage, obwohl sie aus einer Handwerker Familie stammt.
"Jura, Journalismus und Architektur waren meine Favoriten. Kreativ sollte es sein. Aber ich war gar nicht in der Lage das mit 19 Jahren zu entscheiden. Also habe ich erstmal 6 Monate als Aupair in London verbracht."
Eine europäische Metropole mit signifikanter Architektur, Hochhausbauten & Bankengebäude aus Stahl und Glas, der ‚Brutalismus‘ aus den 1970er Jahren, Historische Prachtbauten und andere Architekturstile. Danach stand die Entscheidung zum Architektur Studium an der Technischen Uni in Berlin fest. Jasmin gefällt die Diskussionskultur und lockere Atmosphäre dort, aber sie ist immer noch in Berlin.
Wie sieht der Beruf nach dem Studium aus?
Nach dem Vordiplom studiert sie in der Kleinstadt Aachen weiter. Aber dort verkörpern die Architektur-Professoren genau das Image, das wir so im Kopf haben. Unnahbar - die ‚Erschaffer‘ großer Gebäudeskulpturen. Jasmin genießt dann in Valencia zwei Auslandssemester mit südländischer Leichtigkeit und moderner Architektur. Dann folgt der Abschluss in Aachen und ihre ersten 2 Arbeitsjahre in einem regional bekannten Architekturbüro.
"Als Projektleiterin standen ständig die ‚Deadlines‘ der Wettbewerbe an. Da habe ich auch nachts und am Wochenende gearbeitet. Aber was mich nach 2 Jahren beschäftigt hat, war nicht die stressige Arbeit, sondern die Tatsache, dass viele Wettbewerbsentwürfe nie oder sehr stark reduziert umgesetzt werden. Oft haben die Kommunen ein Budget für die Ausschreibung aber nicht mehr für den Bebauungsplan und die Realisierung."
Holzstaub & Maschinengeräusche statt schicker Büroetage?!
Als Alternative zu ihrer Arbeit als Architektin steht eine Ausbildung zur Tischlerin an. Die Idee die Ingenieurskunst mit dem Künstlerischen zu vereinen findet sich auch im Rahmen eines eigenen Möbelstücks wieder. Jasmin ist mutig genug mit Anfang Dreißig neue Weg zu gehen. Dafür erhält sie Respekt und Verständnis. Mit ihrer Berufserfahrung weiß Jasmin, welche Ansprüche sie an ihren Ausbildungsbetrieb stellt, damit sie das Beste aus den Lehrjahren mitnehmen kann. Immer hat sie ihre Vision von der eigenen 'Holzskulptur‘ im Blick.
"Aber dann als erwachsene Frau mit Berufserfahrung wieder in einer Schulklasse zu sitzen, das war eine echte Herausforderung. Bei einigen Fächern war ich durch mein Studium überqualifiziert. Gut war, dass ich in meinem Betrieb schon im ersten Jahr an realen Ausbauten und Möbeln bei jeweils einem anderen Gesellen mitarbeiten konnte. Dabei ging es nicht um Schnelligkeit, sondern um Genauigkeit und Details im Holz wahrzunehmen und zu nutzen."
Eigenes Design & eigene Möbel
Danach arbeitet Jasmin erst einmal als angestellte Tischlerin. Aber der Gedanke ihre eigenen Möbel zu entwerfen und herzustellen wird immer präsenter. Sie entwickelt ihr Business-Konzept. Wichtige Punkte sind lokales luftgetrocknetes Holz zu nutzen und somit kein ‚Greenwashing‘ zu betreiben. Zeitloses Design und Holz zu verarbeiten, das mit Öl gepflegt wird. Ein durchdachter ökologischer Ansatz, der ihre Möbel zu Stücken werden lässt, die man vererben kann. Auch ihr Stil trägt dazu bei:
"Ein minimalistisches zeitloses Design ist mein Ansatz! Filigran & schlicht, in Richtung Skandinavisches Design. Es kommt immer aufs Möbel, das Holz und die KundInnen an. Deshalb gibt es keine pauschalen Lösungen für mich. Vieles entwickelt sich im Laufe des Prozesses. Beim Entwurfsprozess für meinen Schreibtisch kam mir die Form nachts beim Träumen. Die Esche war mein Wunschholz. Über verschiedene Kontakte habe ich diesen traumhaften Esche Stamm gefunden und habe die kompletten Bohlen gekauft. Ich habe dann noch den kleinen Couchtisch damit realisiert. Wichtig ist, dass ein Möbel wie selbstverständlich seinen Platz in der Wohnung einnimmt!"
Jasmin entwirft nicht nur Möbel. Ihr Tiny Guest House innen aus Fichte, außen aus Lärche mit Holzfenstern aus einer Brandenburger Produktion ist ein absoluter Wohntraum und die erfolgreiche Kombination aus beiden Berufen.
Wie entsteht ein Entwurf?
Jasmins KundInnen vertrauen ihrer Expertise in Bezug auf das Design und ihrem Gespür für die passende Holzart. So fertigt Jasmin spannende individuelle Möbel an!
"Meine KundInnen erwarten keine fertigen digital erstellten Modelle. In meinen 2-D Zeichnungen kläre ich technische Details. Manchmal nutze ich ein 3-D Model, um mir die Proportionen anzusehen. Das kann auch mal ein kleines Pappmodel sein. An meiner Arbeit finde ich spannend, dass im Prozess des ‚Gestalten und Fertigen‘, also wenn ich von der 2-dimensionelen Zeichnung in die 3-Dimensionalität gehe, etwas mit meinem Entwurf, mit dem Holz und auch mit mir passiert. Das ist das Großartige an meinem Beruf."
Der Apfel = das Holz!
Im Tischlerjargon spricht Jasmin nicht vom ‚Apfelholz‘ sondern vom Apfel. Sie hat die luftgetrockneten Bohlen des Apfels gesehen und direkt gewusst: die passen perfekt zu ihrem Entwurf eines halbovalen Wandtisches. Die unterschiedlichen Strukturen, Maserungen und Farbschwankungen geben die Persönlichkeit des Apfels wieder. Im harmonischen Zusammenspiel ergibt sich etwas Besonderes. Die Besitzer genießen jetzt ihr Unikat - inklusive ‚anfassen‘.
Die eigene Tischlerei und jetzt?
Jasmin ist in der Aufbauphase ihres Betriebes und nutzt verschiedene Networking Events für den Austausch mit anderen Selbstständigen. Gewerkeübergreifende Handwerkende aus der Region zu kennen und ein Netzwerk aufzubauen sind wichtige Punkte. Die Teilnahme an den ‚Europäischen Tagen des Kunsthandwerks‘ sowie an lokalen Designmärkten haben ein großes Interesse an ihren Entwürfen generiert. Die KollegInnen in der Gemeinschaftswerkstatt haben ihr schon mitgegeben, manchmal musst du auch etwas Geduld mitbringen. Dann finden sich immer mehr LiebhaberInnen für deine besonderen Entwürfe.
Das Glück meiner KundInnen?
Ihre Kundinnen schätzen schon jetzt die Herangehensweise der Architektin in Zusammenklang mit dem Fachwissen und Können der Tischlerin, die das besondere Flüstern des Holzes versteht. So entsteht für sie ein absolutes Lieblingsstück. Und mit Jasmins Ansatz: Zeitlose Handarbeit. Kompetenz. Präzision & Maßwerk. Da zeigt sich. Weniger ist eben doch mehr!
Name: Jasmin Knedeisen
Sie ist:
Tischlerin & Diplom-Ingenieurin (Arch.)
Zu finden in:
Auf dem Gelände von 'Motorwerk'
An der Industriebahn 12–16
13088 Berlin
Werkstatt 407 1/2 (blaue Tür)
Sie mag:
Morgens einen Tee, später guten Kaffee; im Garten werkeln; schwimmen im See; paddeln auf meinem SUP; in der Natur sein; ein kühler Drink am lauen Sommerabend; Konzerte; Tanzen; gutes Essen und schöne Gespräche; und meine Sachen auf meine Art und in meinem Tempo zu machen
Sie hätte sich gerne unterhalten mit:
der Politikerin Regine Hildebrandt, die sich beim politischen Umbruch 1989 in der Bürgerbewegung 'Demokratie und Jetzt' engagiert hat.
Und mit Juli Zeh, die eine deutsche Schriftstellerin, Juristin und ehrenamtliche Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg ist.
Ihr WIASOLA Tipp:
Mut haben, aufs Bauchgefühl und die Intuition vertrauen. Alles als Weg und permanente Entwicklung akzeptieren. Klar kommunizieren. Trotz Ernsthaftigkeit den Humor bewahren. Und sich von fremden Erwartungen frei machen.
Ihre 4 Lieblingsbücher:
- Milan Kundera - Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
- Isabel Allende - Das Geisterhaus
- Anna Gavalda - Alles Glück kommt nie
- Juli Zeh - Unter Leuten '
Zu finden unter: