Flechtmuster Ausschnitt

Flechtwerk aus Weide

In ihrem Studio 'Flechtwerkgestaltung' in der Pfalz gibt Monika Nickel einem alten Handwerk einen modernen Look.

Als ihr alter Lehrer wäh­rend der Aus­bil­dung kurz ver­schie­de­ne his­to­ri­sche Flecht­tech­ni­ken zeigt, ist Monika von einem Muster fas­zi­niert, das in Frank­reich für Baby­ras­seln genutzt wurde. Sie forscht nach wei­te­ren Infor­ma­tio­nen und pro­biert mit Weiden aus, wie sie das Grund­prin­zip des Flech­tens ver­än­dern und modi­fi­zie­ren kann.

Für ihr fina­les Gesel­lin­nen­stück ent­wirft sie mit ihrer neuen Tech­nik einen varia­blen gefloch­te­nen Raum­tei­ler. Wei­te­re Designs ent­ste­hen aus dieser Idee und ihrer Begeis­te­rung für das fast ver­ges­se­ne Hand­werk.

Die Wei­den­ob­jek­te für Drin­nen und Drau­ßen ent­wirft sie aus ihrem Gefühl für das Hand­werk und dem Mate­ri­al. Still­stand gibt es in ihrem Arbeits­le­ben nicht. Sie expe­ri­men­tiert mit der Ein­fär­bung geschäl­ter Weiden. Es ent­steht eine sil­ber­graue Farbe sowie ein Anthra­zit. Zusam­men mit der Honig­far­be, den röt­li­chen oder grünen Ton der unge­schäl­ten Weiden ent­ste­hen Scha­len, Gar­ten­ob­jek­te und Körbe mit einem eige­nen Flair, die sie in ihrer Werk­statt in der Pfalz fer­tigt.

Designpreise - und ‚Brot und Butter ‘Arbeiten

Monika gewinnt einige Design­prei­se mit den Neu­in­ter­pre­ta­ti­on zu ihrem Hand­werk, zuletzt 2019 den Staats­preis für das Kunst­hand­werk Rhein­land-Pfalz für ihre fle­xi­blen Objekt­kör­be. Sie freut sich über die Aner­ken­nung und erklärt mir mit einem Lächeln:

„Das ist schön, aber damit ver­die­ne ich nicht mein Basis­ein­kom­men. Auch wenn meine Arbei­ten in den Shops von Museen zu finden sind. Meine Kun­dIn­nen kommen zu den Märk­ten und kaufen meine Libel­len und Gar­ten­ku­geln. Also sitze ich hier und mache heute mal 50 Libel­len für den Ver­kauf fertig. Und jeder Flügel wird per­fekt!“

Der Stolz beson­de­re Pro­duk­te mit ihren Händen her­zu­stel­len, aber auch bei ihren Klein­se­ri­en sorg­sam zu arbei­ten, das ist ihr wich­tig. Die Weiden anzu­fas­sen und zu spüren, die unter­schied­li­chen Gerü­che wahr­zu­neh­men, ja es gibt Weiden, die nach Pflau­men oder Wey­rauch, oder Honig rie­chen.  Diese sinn­li­chen Ein­drü­cke genießt Monika noch immer.

Das gibt es tatsächlich – Berufsauswahl per Eignungstest

Schon wäh­rend ihres ersten Staats­examens zur Leh­re­rin weiß Monika, dass dies nicht ihre Beru­fung ist. Tier­prä­pa­ra­to­rin, das kann passen. Beim Berufs­in­for­ma­ti­ons­zen­trum macht sie aus Zufall einen Berufs­eig­nungs­test und das Ergeb­nis ist: Korb- und Flecht­werk-Gestal­te­rin. 

„Aus Neu­gier habe ich mir dort alte Schwarz­weiß­fil­me ange­schaut, die den Beruf erklä­ren soll­ten. Zu sehen waren Opas, die Körbe flech­ten. Aber Etwas hat mich fas­zi­niert daran. Ich habe dann ein Prak­ti­kum in einer Cari­tas­werk­statt gemacht. Mir war danach klar: das ist mein Ding.“

Sie macht ihre 3jährigen Aus­bil­dung mit dem anschlie­ßen­den Abschluss als Meis­te­rin an der welt­weit ein­zi­gen Fach­schu­le für Flecht­werk­ge­stal­tung in Lich­ten­fels. Die Schule bietet ihr direkt einen Lehr­pos­ten und sie refor­miert einige Teile der Aus­bil­dung, sodass Design und Ent­wurf einen grö­ße­ren Stel­len­wert bekom­men. Ihre Hand­werks­ar­bei­ten ver­kauft sie auf Messen und Märkte.

Zurück in die Pfälzer Heimat – was nun

Monika zieht es wieder in die Pfalz zurück, aber für ihren Beruf benö­tigt sie eine Werk­statt und einen Lager­raum. Als Not­lö­sung wird das Wohn­zim­mer und der Keller ihres ersten Hauses zum Studio umfunk­tio­niert.

"Zum Glück hatte ich bald die Mög­lich­keit in meine jet­zi­ge Werk­statt umzu­zie­hen. Die ehe­ma­li­ge Halle der Dorf­feu­er­wehr, der Wein­fel­sen­kel­ler des benach­bar­ten Wein­gu­tes und die alten Räum­lich­kei­ten des Dorf­kin­der­gar­tens im 1. Stock des Gebäu­des sind jetzt mein zuhau­se. Früh mor­gens mache ich mit meinen Hunden die Runde durch die Wein­ber­ge, das ist zu jeder Jah­res­zeit ein beson­de­res Erleb­nis. Mit­tags füt­te­re ich meine Hühner und Enten im Garten – ich bin meine eigene Chefin.“

Das klingt sehr idyl­lisch. Aber Monika ist von April bis Novem­ber viele Wochen­en­den unter­wegs. Sie packt ihren Trans­por­ter voller Korb­wa­ren, fährt zu den Hand­werks­mes­sen in ganz Deutsch­land und ver­kauft ihre Arbei­ten. Vor Ort nutzt sie die Zeit in ein Museum zu gehen und besucht andere krea­ti­ve Freun­de.

Deutsches Handwerk ist gefragt

Im Sommer 2021 bekommt sie die Anfra­ge von einer Agen­tur zur Hun­dert­jahr Feier des Bur­gen­lan­des in Öster­reich im Schloss eine Instal­la­ti­on mit gefloch­te­nen Weiden-Objek­ten her­zu­stel­len. Lange Zeit war die Korb­flech­te­rei eine große Erwerbs­quel­le für die Bewoh­ner und das sollte in der Aus­stel­lung mit prä­sen­tiert werden. Da es keinen Nach­wuchs an Korb­ma­che­rIn­nen mehr in Öster­reich gibt, geht der Auf­trag an Monika.

„Die Objek­te mit sti­li­sier­ten Themen, wie zum Bei­spiel der 5m lange Fisch oder die Son­nen­schei­be mit einem Durch­mes­ser von 2m, hätte ich in den vor­ge­ge­ben 6 Arbeits­wo­chen gar nicht allein bewäl­ti­gen können. Zum Glück habe ich mein Netz­werk aus Kol­le­gIn­nen. Zu fünft haben wir die 12 großen Objek­te ent­wor­fen und gefloch­ten. Es war schon schwie­rig genug Wei­den­ma­te­ri­al zu orga­ni­sie­ren. Es gibt kaum Wei­den­bau­ern und das Mate­ri­al kann nur bis Ende März geern­tet werden. Bei der Aus­stel­lungs­er­öff­nung waren alle sehr beein­druckt, wie die Wei­den­ob­jek­te dem rie­si­gen Saal ein beson­de­res Ambi­en­te ver­lie­hen haben.“

Handwerken und philosophieren - das passt bestens zusammen

Wäh­rend Monika an den Libel­len­flü­gel arbei­tet, reflek­tiert sie ihre Arbeits­si­tua­ti­on, die Befrie­di­gung mit Natur­ma­te­ria­li­en zu arbei­ten, etwas aus der Natur wieder in die Natur zu setzen.

„Ich bin kein Mensch, bei dem die Sicher­heit an erster Stelle steht. Ich kann auch mal mit weni­ger Geld aus­kom­men. Selbst in der Corona Krise habe ich nur kurz daran gedacht eine Fest­an­stel­lung bei einer Firma anzu­neh­men, um abge­si­chert zu sein. Aber dann habe ich mir gesagt, es wird schon weiter gehen. Das Beson­de­re an meiner Arbeit ist, dass eigent­lich nur Men­schen zu mir kommen, denen meine Arbei­ten gefal­len. Sie geben mir direkt ein posi­ti­ves Feed­back. Ich weiß, dass viele Men­schen mit ande­ren Beru­fen diese direk­te Aner­ken­nung nie erfah­ren, oft­mals nur Kritik oder Ableh­nung!“

Und wenn ein Kunde den Preis ihres Hand­werk­stü­ckes nicht ver­steht, dann nimmt Monika das mit Humor auf und erklärt, dass sie eigent­lich noch Schwerst­ar­bei­te­rin­nen-Zulage berech­nen müsste, da sie auch auf den Knien arbei­tet und ihre Hände oft rissig und blutig von den star­ren Wei­den­ru­ten sind.

„Einer dieser Kunden hat tat­säch­lich 6 Monate später ein Work­shop-Wochen­en­de bei mir gebucht, um her­aus­zu­fin­den wie anstren­gend mein Beruf ist. Am Ende hat er mir gesagt, er werde nie mehr mit einer Korb­ma­che­rin über den Preis ver­han­deln.“

Was für einen Traum hast du für deine Zukunft?

„Erst­mal hoffe ich, dass ich auch wei­ter­hin gesund bleibe. Als Selb­stän­di­ge Hand­wer­ke­rin kann ich mir keine tolle Kran­ken­ver­si­che­rung leis­ten. Wenn ich krank bin, dann gibt es für mich keinen Lohn­aus­gleich. Aber so weit ist alles gut!

Einen Traum bzw. Plan hat Monika. Der ist aber noch ein Geheim­nis. Es gibt ein ande­res Land, das sie als Arbeits­ort reizt. Da ist wieder ihr Lachen und die Begeis­te­rung für ihr Hand­werkt zu spüren.

Name: Monika Nickel-Stein


Sie ist:

Korb- und Flecht­werk Gestal­te­rin


Ihre Werk­statt ist in:

Kin­den­heim in der Pfalz,  das liegt an der deut­schen Wein­stra­ße, Frank­furt und Hei­del­berg sind in der Nähe


Sie mag:

früh mor­gens einen Kaffe - mit Blick in die Pfäl­zer Wein­ber­ge, Natür­lich die Pfalz und das Vitra Museum in Weil am Rhein


Sie bewun­dert:

Ihre Mutter, die als junge Frau in ein ihr völlig unbe­kann­tes Land - Indo­ne­si­en- gezo­gen ist. Dort Fami­lie grün­de­te und haupt­be­ruf­lich ins­ge­samt 7 Kinder auf­ge­zo­gen hat.


Ihr WIASOLA Tipp:

"Pro­bie­re unbe­dingt den Beruf aus, den du gut fin­dest. Du musst her­aus­fin­den, was zu dir passt."


Ihre 5 Lieb­lings­mu­si­ke­rIn­nen:

  • Misty Edwards
  • Django Rein­hardt
  • Titi Win­ter­stein
  • Rabih Abou Khalil
  • Jan Delay

Zu finden unter:

Monika Nickel 

Studio: Flecht­werk­ge­stal­tung

Haupt­stras­se 40
67271 Kin­den­heim  - Pfalz

Monika 'Lieb­lings­stück':

Lieb­lings­mu­se­um:

Vitra Design Museum

Staat­li­che Berufs­fach­schu­le für Flecht­werk­ge­stal­tung:

Infos zum Thema 'Flech­ten':

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