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Eintauchen in eine zerbrechliche Welt

Wie entstehen elegante Glasobjekte, die in ihrer Schlichtheit faszinieren?

Wer die kleine Ladenwerkstatt von Wiebke Vogt im Berliner Stadtteil Charlottenburg betritt, taucht in eine Welt voller feiner farbiger Glasobjekte ein. Auch Wiebkes mattierte goldene Gefäße erschaffen eine Stimmung, die uns die Welt einen Tick ruhiger und gelassener wahrnehmen läßt. Seit über 30 Jahren entwirft Wiebke in ihrem Atelier die ‚feinen Dinge für den Alltag‘ und ihre ‚Gefäße der Stille‘.

Was ist das Besondere an Wiebkes Glaskunst?

Glas als etwas Zer­brech­li­ches, das man schüt­zen und vor­sich­tig behan­deln muss – was könnte da per­fek­ter sein als Tauf­ge­schenk? Wiebke Vogts hand­ge­mal­te, sand­ge­strahl­te und ver­gol­de­ten Tauf­mo­ti­ve auf einem schlich­ten Glas spie­geln das wider. Ihre Glas­kunst mit den feinen Ver­gol­dun­gen und Des­sins finden sich auf form­schö­nen Glä­sern zum täg­li­chen Gebrauch wieder. Aber die Geschich­ten, die ihre Glas­ob­jek­te und Gefäße erzäh­len, sind eher im stil­len Betrach­ten und Benut­zen zu erfah­ren. Wiebke Vogts Glas­kunst findet sich in vielen Museen und Samm­lun­gen in Europa, Japan und den USA. So inspi­rie­ren und ver­zau­bern ihre ‚Gefäße der Stille‘ Men­schen auf der ganzen Welt.

Wie bereichernd sind fremde Kulturen?

Wiebke Vogt ist viel in ihrem Leben gereist oder wie sie es lieber sieht: sie ist in die Kultur des Landes ein­ge­taucht, ist in Berüh­rung mit den Men­schen gekom­men, hat sich mit­neh­men und inspi­rie­ren lassen. Die Glas­kunst ist nicht ihr ein­zi­ges Medium, um ihr künst­le­ri­sches Schaf­fen zu mani­fes­tie­ren. Für sie sind es auch Worte, um ihre Gedan­ken und Beob­ach­tun­gen für andere lesbar zu machen

"Ich bin eine Kul­tur­rei­sen­de. Wie span­nend ist es zu beob­ach­ten, wie sich Men­schen manch­mal durch das Leben bewe­gen. Wie sie mit­ein­an­der umge­hen, was sie bewegt. Was ist normal für sie? Welche Dinge nutzen sie im Alltag, die wir so gar nicht kennen. All das macht das Reisen berei­chernd."

Was bedeutet für Wiebke ‚offen zu sein‘?

Wiebke ist auf ihren Reisen offen für neue Ein­drü­cke. Sie lässt sich von ande­ren Kul­tu­ren inspi­rie­ren. Auch Museen und Aus­stel­lun­gen oder Gesprä­che mit Freun­den und Frem­den sind ihr wich­tig. Viele Dinge berei­chern ihre Arbeit als Künst­le­rin. Im Detail beob­ach­te­te Natur­mo­ti­ve finden sich auf ihren Glas­ob­jek­ten unter ihrem Thema ‚die schö­nen Dinge des All­tags‘. Die matte Gold­pa­ti­na  oder der Ein­satz ande­rer Edel­me­tal­le wie Silber oder Platin ver­lei­hen ihren Gefä­ßen eine Wer­tig­keit ohne gän­gi­ge ‚Trends‘ zu bedie­nen.  

Warum Gold als Stilmittel?

Gold übt seit Jahr­hun­der­ten eine Fas­zi­na­ti­on auf die Men­schen aus. Das Schim­mern eines mit Ker­zen­licht ange­strahl­ten ver­gol­de­ten Bud­dhas oder der gol­de­nen Arte­fak­te in einer roma­ni­schen Kirche erzeu­gen eine ganz eigene Mystik. Ein gol­de­nes Geschenk zeigt eine beson­de­re Wert­schät­zung. Wiebke trägt äußerst rou­ti­niert und mit Gelas­sen­heit die Gold­ak­zen­te auf ein Glas auf. Dass ihr Mini­fläsch­chen Gold im Wert von 500 Euro ent­hält, ist ein Zei­chen für die Kost­bar­keit dieses Edel­me­talls, das auch im 21. Jahr­hun­dert seinen beson­de­ren Platz hat.

Wie setze ich meine künstlerischen Vorstellungen um?

Nicht nur die künst­le­ri­sche Idee ist wich­tig, son­dern auch das tech­ni­sche ‚Know How‘ ist not­wen­dig, um das gewünsch­te Ziel zu errei­chen. Aus ihrer Zeit als Che­mie­stu­den­tin bringt Wiebke das geeig­ne­te Wissen zur Umset­zung ihrer Designs mit. So erzielt sie beim Bren­nen der Edel­me­tall-Lasu­ren auf den großen Glas­for­men eine per­fek­te gleich­mä­ßi­ge Lasur. Beein­dru­ckend ist dies auf den ‚Gefä­ßen der Stille‘ wahr­zu­neh­men.

"Das Edel­me­tall-Sub­strat dringt durch die Hitze in die ver­meint­lich geschlos­se­ne Ober­flä­che des Glases ein. Und da viele Metal­le fär­ben­de Eigen­schaf­ten haben, färbt zum Bei­spiel das Gold ein Glas leicht rosa ein. Bei Kobalt ent­steht eine leich­te Blau­fär­bung, bei Silber zeigt sich ein zarter Gelb­ton. Das bezie­he ich auch in meine Ent­wurfs­ar­beit mit ein."

Wieb­kes Motive und Designs ent­wi­ckeln sich im Laufe ihrer Karie­re. Einige Des­sins stehen für bestimm­te Lebens­ab­schnit­te, wie die klei­nen Dra­chen aus ihrer Anfangs­zeit. Ihre geträum­ten Fabel­we­sen sind auf der ganzen Welt zu finden.

Was bedeutet ‚Schicksal‘ für Wiebke?

Rou­ti­niert plant und koor­di­niert Wiebke ihre Arbeits­schrit­te. Aber ihr Ein­stieg als Glas­künst­le­rin beginnt ohne lange Pla­nung. Als sie sich für eine Design­aus­bil­dung an der Glas­fach­schu­le im Bay­ri­schen Wald bewirbt, ist sie Ende Zwan­zig und auf der Suche nach einer Alter­na­ti­ve zum Stu­di­um. In ihrer Stu­di­en­stadt Mün­chen ent­deckt sie in einer Zeit­schrift über Pol­ni­sches Kunst­hand­werk beein­dru­cken­de Fotos von far­bi­gen Glas­fens­tern und ist davon ver­zau­bert. Mit ihrer Bewer­bungs­map­pe zeigt sie ihre Bega­bung für Farbe und Form und über­zeugt den Direk­tor sogar nach Ablauf der Bewer­bungs­frist, dass sie für das Stu­di­um geeig­net ist. Für Wiebke ist es ein Schick­sals­zei­chen.

"Ich glaube, wenn eine Ent­schei­dung im Leben rich­tig ist, dann macht es einem das Schick­sal plötz­lich ganz ein­fach!"

Nach der prak­ti­schen Aus­bil­dung zu den vier Dis­zi­pli­nen: Appa­ra­te­bla­sen, Gravur, Glas­schliff und Male­rei im ersten Jahr, beginnt die von Wiebke ‚erstreb­te und erwünsch­te Desi­gner­aus­bil­dung‘. Für den For­men­bau ist das tech­ni­sche Zei­chen wich­tig. Das Ent­wurfs­zei­chen sichert und per­fek­tio­niert die künst­le­ri­sche Inten­ti­on. Nach ihrem Abschluss arbei­tet Wiebke erst­mal in der Indus­trie. Aber dann zieht sie es schick­sal­haft wieder zurück in die Nähe ihrer Heimat: in den Norden. Berlin liegt zwar nicht am Meer, aber die Stadt besitzt Anfang der 1990er Jahre ein auf­re­gen­des künst­le­ri­sches Umfeld und viele Seen.

Überraschungserlebnis: Asien und das Frauenbild

Wäh­rend ihrer ersten Reisen in Asien erlebt Wiebke wie selbst­ver­ständ­lich die asia­ti­schen Frauen ihrem eige­nen Gewer­be nach­ge­hen. Auf den Märk­ten ver­kau­fen sie ihre Sachen und schei­nen auch sonst frei­be­stimmt zu leben. In Viet­nam wohnt sie bei einer Frau, die sie mit ihrem Wissen über die Welt abso­lut beein­druckt. Wiebke findet ihre See­len­ver­wandt­schaft mit der asia­ti­schen Kultur und lässt sich in den bud­dhis­ti­schen Klös­tern auf ihre beson­de­re Spi­ri­tua­li­tät ein.

"Bei den Bud­dhis­ti­schen Figu­ren spüre ich sehr stark die Ver­in­ner­li­chung der Figu­ren, sie sind bei sich, im Gespräch mit ihrer Gott­heit. Es ist keine Kunst, die nach Außen geht. Wich­tig ist die Erzäh­lung klei­ner Geschich­ten. Als ich die ersten weib­li­che Buddha Figur sah, hat mich das sehr fas­zi­niert. Im Japa­ni­schen Kunst­schaf­fen ist es zudem wich­tig einen Vor­gang immer wieder zu wie­der­ho­len, bis auch das kleins­te Detail per­fekt aus­ge­führt wird! Und zwar nicht im Schlaf, son­dern mit äußers­ter Kon­zen­tra­ti­on und Hin­ga­be!"

Beide Ele­men­te finden sich im Ent­ste­hungs­pro­zess und auch bei der Wahr­neh­mung von Wieb­kes Glas­kunst wieder.

Wie sieht die nächste ‚goldene‘ Inspiration aus?

Für Wiebke ist es eine Reise nach Marok­ko. Schwei­gend durch den gol­de­nen Sand der Wüste Agafay zu wan­dern und unter freiem Himmel zu schla­fen. Und auch die Kunst und Hand­werks­kul­tur der Bedui­nen kennen zu lernen. Gerne lässt sie sich auch von Alt­be­kann­tem inspi­rie­ren wie zum Bei­spiel der Kunst in ihrem Lieb­lings­mu­se­um - das ‚Kolum­ba‘ in Köln. Bei ihrem nächs­ten Besuch tref­fen wir uns dort gerne wieder zu neuen inspi­rie­ren­den Gesprä­chen.

Die Über­ra­schung!

Der Weg zu meiner kleinen Möwe mit dem 'verrutschten' Krönchen!

Viele der klei­nen feinen Motive auf Wiebke Vogts Glä­sern zeigen, wo sie ihre Kind­heit ver­bracht hat: am Tim­men­dor­fer Strand in Schles­wig-Hol­stein. Wasser, Segel­boo­te, die Möwen und viele ande­res mehr sind die Motive, die sie in Minia­tur­grö­ße per­fekt bis in die kleins­ten Details erschafft. Beim Inter­view ist so ‚meine kleine Möwe‘ ent­stan­den.

  1. Vor­zeich­nung der Möwe & Krön­chen mit einem Fine­li­ner direkt auf das Glas
  2. Über­kle­ben des Designs mit der Folie
  3. Aus­schnei­den der klei­nen Run­dun­gen und Details mit dem Cutter Messer
  4. Kon­trol­lie­ren des Designs durch die aus­ge­schnit­te­ne ‚Möwe‘
  5. Sand­strah­len im Keller ihres Ate­liers & danach säu­bern
  6. Ver­gol­dung mit feinem Pinsel auf­tra­gen & antrock­nen lassen
  7. Über­schüs­si­ge Gold­la­sur mit der feinen Rasier­klin­ge ent­fer­nen
  8. Im Spe­zi­al­o­fen aus­här­ten bei 100 Grad
  9. Final nach­be­ar­bei­ten & säu­bern.
  10. Sorg­sam ver­pa­cken

"Mor­gens mischt sich jetzt die Farbe meines Cap­puc­ci­nos mit dem gol­de­nen Krön­chen – wun­der­bar!"

Eine kleine Auswahl von Wiebke Vogts Arbeiten:

Name:  Wiebke Vogt


Sie ist:  Glas­ge­stal­te­rin


Sie ist zu finden in: 

Berlin, im Stadt­teil Char­lot­ten­burg, in einer kleine ruhi­gen Sei­ten­stra­ße vom Kai­ser­damm liegt ihr Ate­lier und Ver­kaufs­raum


Sie mag:

mor­gens einen Kaffe mit Sahne,  schwim­men - unbe­dingt! am liebs­ten im Meer, in einem See oder im Schwimm­bad - je nach Wetter und meinen Lieb­lings­aus­blick genie­ßen: natür­lich aufs Meer!


Sie bewun­dert:

Marion Gräfin Dön­hoff - eine deut­sche Jour­na­lis­tin, Autorin und Her­aus­ge­be­rin der deut­schen Wochen­zei­tung „Die Zeit“ - sie hat mir 'Poli­tik' erklärt und mir gezeigt, wie wich­tig es ist eine Mei­nung zu haben.


Ihr WIASOLA Tipp:

Höre genau zu, sehe genau hin, sei auf­merk­sam und frage nach!  Das ist wich­tig im Leben und bei deiner Arbeit.


Ihr Lieb­lings­buch:

  • 'Der Meis­ter und Mar­ga­ri­ta' von Michail Bul­ga­kow

Ihr Lieb­lings­film:

  • 'News­ma­kers - Terror hat ein neues Gesicht'  ( im Eng­li­schen: 'Raid of Death') aus dem Jahr 2009.

Ihre Lieb­lings­events:

kleine Film­fes­ti­vals, wie zum Bei­spiel das Film-Fes­ti­val im Cott­bus zum Thema 'Ost­eu­ro­päi­scher Film'


Ihr Lieb­lings­mu­se­um:

Das 'Kolum­ba' Museum in Köln, ein Gebäu­de des berühm­ten Schwei­zer Archi­tek­ten Peter Zum­thor

Zu finden unter:

Ate­lier Wiebke Vogt  

Danckel­mann­stra­ße 18

14059 Berlin

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